Montag, 17. Juni 2013

Iron Butt

(dieser Beitrag wurde inspiriert vom Post "Vespa verfahren", zu finden im Hausbau Blog des Stahmer Hauses aus dem Schwarzwald)

Zu den härtesten Bikern der Welt zähle ich mit Sicherheit die Mitglieder der "Iron But Association". Diese in den USA gegründete Organisation hat inzwischen weltweit über 53.000 Mitglieder und sich ganz und gar dem Langstrecken-Motorradfahren verschrieben. Daß dabei auch die Sicherheit der Biker im Vordergrund stehen soll, mag etwas vorgeschoben wirken, denn schon das Einstiegslevel in diesen Club hat mit Sicherheit nicht mehr wirklich viel zu tun.

Als unterstes Einstiegslevel gilt der "Saddle Sore 1000" - um diesen zu erreichen, muß man innerhalb von 24 Stunden mindestens 1.000 Meilen auf dem Motorrad zurückgelegt haben. Das sind immerhin etwas über 1.600 Kilometer. Und hier gilt nicht etwa die reine Fahrzeit, sondern 24 Stunden nach dem Zeitpunkt des Starts fällt die Klappe. Die Regeln sind dann aber relativ einfach, man braucht nur einen Zeugen beim Start, auf der Strecke muß man Beweise sammeln, die irgendwie ein Datum und die Uhrzeit zeigen (Tankquittungen sind da ganz gut), dann noch einen Zeugen am Endpunkt der Tour. Und wenn sich dieser Endpunkt dann auch noch mindestens 1.000 Meilen vom Start entfernt befindet und noch keine 24 Stunden vergangen sind, dann kann das Ganze in die Post und ein paar Wochen später ist man im Club. Als besonderes Highlight kriegt man dann noch ein Zertifikat, einen Anstecker und eine Nummernschildunterlage mit dem Logo des Clubs.

Leider kann man auf der Webseite dieser toughen Biker nicht die genauen Abmaße dieser Unterlage herausbekommen, doch es ist unwahrscheinlich, daß die unförmigen deutschen Motorradnummerschilder da draufpassen. Auch wenn die ja inzwischen etwas kleiner ausfallen dürfen, den Größenvergleich mit den amerikanischen Schildern verliert die legale deutsche Variante aber immer noch. Hier zählt nunmal, je kleiner, desto besser. Deutsche Überführungskennzeichen gibt es immer noch nur in der alten großdeutschen Variante, die es in der Fläche wahrscheinlich schon mit einem Schneeschieber aufnehmen können.


Doch was mache ich mir eigentlich Sorgen, ich habe diese Nummerschildunterlage ja eh nicht. Ich bin zwar gerne möglichst weite Strecken auf dem Motorrad unterwegs, aber bisher hat es noch nie für 1.000 Meilen an einem Tag gereicht. Wenn man dann noch auf einer Insel wie Großbritannien wohnt, muß man diese 1.000 Meilen ja auch erstmal finden. Denn sogar wenn man die zwei am weitest entfernten Punkte dieser Insel verbindet (Land's End in Cornwall und John O'Groats in Schottland), kommen nur 836 Meilen dabei heraus.



Diesen Ehrgeiz hätte ich dann aber schon bei dieser Sache, wenn schon ein Eisen Arsch - dann werden diese 1.609 Kilometer auch wirklich stur in eine Richtung gefahren. Denn nur auf diese Weise kann man sich die ganze Zettelwirtschaft mit den Beweis-Tankquittungen von irgendwelchen Zwischen- oder Eckpunkten, wie bei einer Rund- oder Hin- und Zurückreise notwendig, ganz einfach sparen. Indem man den Start- und den Endpunkt einfach 1.000 Meilen auseinander legt, macht man es den Juroren der IBA in den USA viel leichter. Dann reicht zur Berechnung der Entfernung einfach nur Google (von denen auch das obige Bild stammt), und die in nicht-amerikanischer Geographie eventuell etwas schwächelnden IBA Biker brauchen dann nicht erst lange nach irgendwelchen ominösen Autobahnraststellen suchen.

Somit stellen wir also fest, mit diesem Anspruch kann man auf der britischen Hauptinsel kein Eisen-Arsch werden. Wie sieht es aber aus, wenn man die Insel verläßt? Denn genau das habe ich Mitte Mai mit meinem kleinen Mopped gemacht. Als letztes Möbelstück unseres Haushaltes (nennen wir es ruhig mal so, denn die meiste Zeit wird die Maschine ja wirklich nur zum Staubwischen benutzt) - sollte 2,5 Monate nach dem Hauptumzug nun endlich auch das Motorrad in die neue Heimat gebracht werden. Über elf Wochen war das gute Stück in der Garage einer Kollegin untergestellt, elf Wochen in denen ich nicht mit dem Poliertuch meinen Routinegang in die eigene Garage machen konnte, um den eigentlich schon längst perfekt glänzenden Rückspiegel nochmal richtig abzurubbeln. Es wurde Zeit für die längste Motorradtagesreise des Jahres, Zeit für meinen Iron Butt.

Die Zeichen dafür standen gut. Der Schnee war schon seit einiger Zeit getaut und auch das berüchtigte Streusalz (Gift für Chrom) war durch die ersten heftigen Frühlingsregenfälle schon von den Straßen gespült. Dazu kam eine im Monat Mai geplante dreitägige Dienstreise nach England, die sich auch noch direkt an ein Wochenende anschloß. Sogar das Wetter spielte mit, denn bei einer 85%igen Wahrscheinlichkeit auf Regen lagen meine Chancen auf eine trockene Fahrt immerhin im zweistelligen Bereich. Und falls es doch regnen sollte, dann könnte ich endlich meine neue Regenkombi ausprobieren, die der alten so täuschend ähnlich ist, damit meine Frau die ungeplante Neuanschaffung nicht unbedingt gleich bemerkt. Sogar ein Taxi zum Flughafen nach Prag hatte ich organisiert, denn es wäre schon sehr peinlich gewesen, wenn ich mit dem Motorrad nach langer Fahrt endlich zu Hause ankomme und dann feststellen muss, daß sich mein Auto 140 Kilometer entfernt in einem Parkhaus befindet.

Normalerweise stellt sich beim Planen eines Roadtrips von der Insel immer nur die Frage: "Tunnel oder Fähre" - diesmal kam noch die Frage hinzu, wie die IBA eigentlich die 33 Meilen unter oder über dem Kanal rechnet, die man sich zwar in eine gewisse Richtung bewegt, ganz genau genommen, aber ja doch nicht auf dem Sattel eines Zweirades sitzt. Obwohl recht ausführlich, so findet sich dazu in den IBA Regeln kein Wort, diese Regeln hatten wohl eher größere Kontinente im Kopf. Um sicher zu gehen, sollte man diese Meilen wohl lieber hinten dranhängen. Und die erste Frage stellte sich für mich ja eigentlich auch nicht, bei einer solchen Tour kommt es nunmal auf die Zeit an, und hier schlägt der Tunnel die Fähre um Längen, so dachte ich zumindest.

Der Eingang des Tunnels befand sich zirka 2 Stunden von meinem Hotel entfernt, der früheste Zug, den ich mir zutrauen würde zu erreichen, sollte 5:46 Uhr den Bahnhof in Folkstone verlassen. Es würde also eine kurze Nacht werden. Mit der geplanten Startzeit von 3 Uhr morgens hatte ich dann gleich zwei Probleme. Erstens hat um die Uhrzeit keine Tankstelle in der Nähe des Hotels auf. Und zweitens machte mir die nette Dame vom Empfang auch wenig Hoffnung, daß ich zu dieser Zeit aus dem Hotel auschecken könnte. Somit wurde das letzte Tanken und auch der Check-out auf den Vorabend verlegt, beides wären eigentlich gute Beweisdokumente für die Startzeit gewesen. Nun gut, dann lief meine Zeit eben schon ab 10 Uhr abends. Damit hatte ich mit Sicherheit den wohl ungewöhnlichsten Start, den ein Saddle-Sore 1.000 Adventure nur haben kann, ich ging nämlich erstmal schlafen.

Wenige Stunden später war ich trotz der wenigen Stunden Schlaf hellwach, es ging endlich los. Die ersten zwei Stunden verliefen in totaler Dunkelheit ohne besondere Vorkommnisse. Ich bin sogar etwas früher vom Hotel weggekommen und statt der geplanten 2 Stunden brauchte ich nur 90 Minuten. Es war erst kurz nach 4 Uhr, als ich erwartungsfroh meine Pin-Nummer in den Check-In Automaten einhämmerte. Normalerweise bucht dieser Automat, so Platz vorhanden, immer den nächsten verfügbaren Zug, ich war mir also sicher, daß ich den bereits herausgefahrenen Vorsprung auch auf das Festland retten kann. Zu meinem Ärger mußte ich aber leider feststellen, daß der 5:46 Uhr Zug wohl der erste Zug des Tages sein sollte. Somit ging meine Iron Butt Reise recht ungewöhnlich weiter. Wieviele der Iron Butt Aspiranten machen auch denn auch eine fast 90 minütige Pause nach noch nicht einmal zwei Stunden Fahrt? Die Fähren fahren übrigens rund um die Uhr, vielleicht hatte der Tunnel dieses Mal also doch keinen Zeitvorteil.


Der weitere Verlauf der Strecke ist eigentlich schnell beschrieben. Wer es ausführlicher mag, dem sei mein Beitrag über die europäischen Autobahnen vom August letzten Jahres empfohlen. Denn genau diese Autobahnen nahm ich wieder einmal unter die Räder, auch wenn es diesmal nur zwei waren. Die Fahrt an sich war recht langweilig, in Ermangelung meines i-Pods musste ich mir sogar selber meine musikalische Untermalung singen. Pausen gab es nur, wenn der Pegel des Tanks es verlangte, das war also alle 2,5 Stunden der Fall. So ein V2 schlürft schon was weg, da reichen 19 Liter eben nicht länger. 

Noch dazu sorgte nicht einmal ein ordentlicher Regen für Abwechslung, ich bin wirklich trocken geblieben.  Bis auf nebliges und nasskaltes Wetter in der Gegend um Dortmund war eigentlich auf der gesamten Strecke gutes Motorradwetter. Mit dem Überschreiten der ehemaligen innerdeutschen Grenze riß dann sogar noch der Himmel auf - genauso wie im schönsten deutschen Popsong der letzten Jahre beschrieben, gesungen von einer Band aus der Oberlausitz (Das habt ihr nicht gewusst, oder?) 

Die letzten 400 Kilometer wurde es dann sogar richtig warm unter meiner Regenkombi, leider passte die nicht mehr in meine Satteltaschen, denn darin steckte ja schon der ganze Krempel von meiner vorhergehenden Dienstreise. Ob es einem Laptop eigentlich etwas ausmacht, vierzehn Stunden von den Vibrationen des dicken Harley Motors durchgeschüttelt zu werden? Nun, wir werden es bald wissen, denn wenn die Fahrt so weitergeht, dann könnte ich schon in nur etwas mehr als 3 Stunden am Ziel sein. So in Gedanken versunken (beim Motorradfahren verfalle ich öfter in Tagträume) - erreichte ich den ersten Stau des Tages. Ein LKW Unfall in einem Tunnel, alles stand und es sah auch nicht danach aus, daß es bald weitergeht.

Wäre diese Situation in England oder in Frankreich eingetreten, keine Sekunde hätte ich gezögert und ich wäre durch den Stau hindurch nach vorne gefahren. Wozu sitzt man schliesslich auf einem Motorrad? In England wird dieser Prozess "Filtering" genannt, ich stelle mir dabei immer ein Motorrad als das Wasser vor, welches sich langsam durch den gemahlenen Kaffee schlängelt - es geht zwar langsam, aber es geht voran. Und in Frankreich gibt es sogar eine ganze Branche, die von der schlankeren Silhouette eines Motorrades lebt, ich rede von den Moto-Taxis in Paris. 

Wer noch nie auf so einem Teil gefahren ist, das ist eine Erfahrung, die man durchaus mal machen sollte. Der Koffer wird hinten auf die Honda Goldwing geschnallt, man bekommt einen Leihhelm nebst Ein-Weg Stoffbadekappe und eine warme Decke, und schon geht es rasant mitten durch den größten Parkplatz der Stadt, denn nur so kann man die Peripherique zur Rush-Hour bezeichnen. Auf diese Weise habe ich schon einige Male ein Flugzeug gerade noch erreicht, welchem ich von einem normalen Taxi wohl beim Start hätte zusehen können. Solange man immer schön darauf achtet, die Knie an den Fahrer zu pressen, kann ja auch fast nichts passieren. Die Knie befinden sich leider genau in der Höhe der Außenspiegel der parkenden (wartenden) Autos, hört sich schmerzhaft an und ist es sicher auch.

Wie ist nun aber die rechtliche Lage in Deutschland, darf man oder darf man nicht? Angefeuert von den wartenden Autofahrern habe ich mich dann doch aufgemacht und langsam durch den Stau geschlängelt. Es gab zu dem Moment bereits zuviele Tauschangebote von Autobesitzern, die bei der Perspektive einer freien Fahrt gerne auf ihr heißes Blechdach verzichten wollten. Meine Abfahrt führte sogar zu einer kleinen Beziehungskrise eines jungen Pärchens, das Mädchen wäre wirklich gerne bei mir hinten draufgesprungen und hätte den Freund in der Hitze der Autobahn schmoren lassen. Zum Glück für die Beiden hatte ich keinen zweiten Helm mit. Wie auch immer, der Stau löste sich dann doch recht schnell auf, und ich kam heil und trocken um 20 Uhr an meinem Ziel an.

Einen Iron Butt habe ich mir damit aber doch nicht verdient, denn auch mit den 30 Meilen vom Kanal lag die Gesamtstrecke nur bei etwas über 800 Meilen. Daß das mit dem Eisen-Arsch nichts wird, wußte ich natürlich vorher, aber ich wollte wenigstens die Spannung aufrecht halten, damit der werte Leser auch wirklich bis zum Ende liest. Das Motorrad wurde gleich am nächsten Morgen in die nächste Garage zwecks Lagerung überführt, dort wartet es jetzt darauf, irgendwann einmal ein echtes deutsches Nummernschild zu kriegen.

Wer also diesen Beitrag, totzdem er eigentlich nichts mit dem Huf Haus zu tun hatte, wirklich bis zum Ende gelesen hat, mit dem möchte ich auch noch diese Nachricht teilen. Nur wenige Wochen später sah es in der Straße, in der jetzt mein Motorrad parkt, in der aber auch alle unsere Möbel in einer Scheune auf den Einzug in das neue Haus warten, so ähnlich aus, wie auf dem Foto unten:


Es hat nur einen einzigen Regenguß von 30 Minuten Dauer gebraucht - und die Straßen wurden zu Flüssen. 
Die Scheune mit unseren Möbeln stand in so einem Fluß und somit einen halben Meter im Wasser, wir werden wohl erst beim Einzug im August sehen, welche Möbel wir wirklich noch ins Haus stellen können. Wasser im Keller, hieß mein Beitrag von der letzten Woche. Wenn auch nicht der Keller, aber daß am gleichen Tag dann wirklich unsere Scheune voll Wasser läuft, ist schon ein recht grober Gag vom lieben Petrus. Selten so gelacht.



Sonntag, 9. Juni 2013

Wasser im Keller

Ich gebe es ja zu, der Titel dieses Beitrages ist etwas reißerisch und irreführend. Es stimmt wohl, in der Oberlausitz hat es in den letzten Tagen und Wochen extrem viel geregnet. Nun ist das ja erst mal nichts Besonderes, doch wer die Nachrichten in diesen Tagen gesehen hat, der weiß, über welchen Regen ich hier spreche.

Wir sind nochmal mit dem blauen Auge davongekommen, soviel vorweg. Unser neues Haus steht ja zum Glück im oberen Teil des Dorfes, das vom Himmel fallende Wasser verwandelte dort zwar alle ins Tal führenden Straßen in Bäche, ließ die angrenzenden Häuser aber weitestgehend in Ruhe. Ich war aber schon etwas besorgt, denn derzeit haben meine schönen neuen Regenfallrohre noch keinerlei Verbindung zu so etwas wie einer Regenwasser-Drainage, und auch das Konzept einer Regenwasserversickerung existiert derzeit nur im Kopf unseres Tiefbauers. Ich hatte noch gut das Gerede des Huf Haus Elektrikers im Ohr, der mir von einem Bauherren in Bayern erzählte, dem aufgrund der noch nicht vorhandenen Regenwasserableitung der nagelneue Keller durch die Fensterschächte vollgelaufen ist. Springt für soetwas dann eigentlich die Gebäudeversicherung ein, die von Huf zwingend auf das Ausstattungsprotokoll geschrieben wird?

Doch wie schon gesagt, es ist alles nochmal gut gegangen. Das Haus stand zwar eine Weile in einem braunen See, doch dieser war zu keiner Zeit tief genug, um das Holz meiner Huf-Haus-Keller-Fassade zu beeindrucken. Ist „tief“ hier nun eigentlich das richtige Wort? Der See rings um unser Haus war nicht „hoch“ genug, sollte es wohl heißen.

Und doch haben auch wir jetzt Wasser im Keller. Allerdings war diese Art des Wassereinbruchs bis ins Detail geplant und teuer bezahlt, kam also nicht als Überraschung. Er ist vielmehr ein Verdienst der Kooperation der örtlichen Wasserwerke und meines Tiefbauers, und war lange erwartet und herbeigesehnt worden. Ich hoffe nur, daß es mir die wirklich bemitleidenswerten Flutopfer nicht übelnehmen, daß ich gerade in dieser Woche das Wasser in unserem Keller zum Thema meines Blogs mache. Ich will mir gar nicht erst vorstellen, was die derzeit durchmachen müssen. Schon aufgrund der räumlichen Nähe kenne ich natürlich die Städte Dresden, Bad Schandau und Pirna sehr gut, doch auch in Deggendorf bin ich zu Bundeswehrzeiten sehr oft gewesen. Jetzt zu sehen, wie diese wunderbaren Städte derzeit im Schlamm versinken, ist unendlich traurig, dabei ist es auch egal, daß es Dresden vor elf Jahren sogar noch schlimmer erwischt hat.

Hoffen wir also, daß das Wasser recht bald aus diesen Städten wieder verschwindet, beziehungsweise dahin zurückkehrt, wo es hingehört. Denn Wasser gehört entweder in einen Fluss, Bach, See, Teich oder Ozean – oder eben, dann aber auf eine geordnete Art und Weise, in den Keller. Und wie so eine Ordnung aussehen kann, ist auf dem unteren Bild abgebildet.




Der erste Schritt auf dem Weg bis zu diesem bedeutendem Hausanschluss war noch recht einfach. Wie in einem früheren Beitrag bereits geschrieben, hatte ich ja das nette Angebot von Huf Haus ausgeschlagen, sich für mich um sämtliche Erd- und Anschlussarbeiten zu kümmern. Das „Wertvolle Basis“ genannte Paket war in meinem Budget einfach nicht drin, somit hatte mich schon erkundigt, wie und wo man sich denn in Waltersdorf um einen Wasseranschluss bewirbt.

Zu meiner Überraschung kamen kurze Zeit später doch mehrere große Umschläge mit ausgefüllten Antragsformularen sowie idiotensicheren kleinen Pfeilen, von Hand auf Post-it’s gemalt, die mir zeigen sollten, wo genau ich noch zu unterschreiben hatte. Was nur noch fehlte, war der frankierte Freiumschlag mit der Adresse der SOWAG, doch deren Anschrift stand ja im Begleitschreiben – und im Vergleich zu den Kosten der „wertvollen Basis“ waren die Kosten einer Briefmarke durchaus noch vertretbar. Ein wirklicher Super Service, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet.


Die Anträge gingen kurze Zeit später in die Post, um dann haben für Monate nichts mehr davon zu hören. Doch zum Glück zogen sich ja die Baugenehmigung und die Finanzierungsbestätigung noch lange genug hin, so daß diese Wartephase keinen Stress verursachte. Doch irgendwann wurde sogar ich unruhig. Die Aufbauphase des Kellers ließ sich ja noch mit einem Wasserschlauch vom Nachbarn überbrücken, und auch der Tiefbauer brauchte kein Wasser. Doch im Anschreiben der Firma Huf war klar beschrieben, daß spätestens zwei Wochen nach Aufstellung Wasser im Haus liegen muß, also innerhalb einer Leitung selbstverständlich.


Zum damaligen Zeitpunkt war die Aufstellung immer noch für den Februar terminiert, es wurde langsam Herbst, und noch immer hatten wir nichts vom Wasserwerk gehört. Ist mein Antrag überhaupt bei denen angekommen oder hätte ich den lieber mit der Flaschenpost senden sollen? Vorgewarnt durch sorgenvolle Berichte in anderen Bautagebüchern war es langsam an der Zeit für den ersten Anruf. Sofort hatte ich eine wirklich nette Dame am Telefon, die leider nur eine einzige Neuigkeit für mich hatte, nämlich die, daß die zuständige Kollegin gerade im Urlaub ist. Klar, denn auch das hatte ich schon in anderen Bautagebüchern gelesen, keine Überraschung bis hier. Immerhin wurde ich an den obersten Wassermann der Behörde verwiesen, allerdings mit der Warnung, daß dieser eigentlich nie unter der angegebenen Telefonnummer erreichbar ist. Sei es drum, ich habe es trotzdem versucht, und hatte ihn prompt am Apparat. Heute war  mein Glückstag.


Das Glück hielt aber nicht lange, denn leider konnte er nur vermelden, daß er von einem Antrag zu einem Neubau in Waltersdorf noch nie etwas gehört oder gesehen hatte. Noch nicht einmal Gerüchte schien es im Hause zu meinem Antrag zu geben, und außerdem war dafür ja auch die Frau Urlaub zuständig. Also Geduld haben und nur noch den Urlaub abwarten, danach wird sich der Antrag bestimmt finden lassen.  



Wenige Tage später, oder waren es Wochen, ich erinnere mich nicht mehr, konnte ich mit der frisch erholten Bearbeiterin dann tatsächlich sprechen. Den Grundsatz, daß man direkt nach einem längeren Urlaub nicht mit dringenden Wünschen und Anfragen an Amts- und Würdenträger herantreten sollte, vernachlässigend, erlaubte ich mir, sie auf meinen Antrag anzusprechen. „Oh ja, der ist hier“ - Großes Aufatmen, die Post wurde also zugestellt – das Minimalergebnis des Anrufes war somit schon erreicht. Der Rest des Gesprächs war dann eher unbefriedigend. „Bis wann brauchen Sie den Anschluss?“ „Wissen Sie eigentlich, welchen Monat wir haben?“ „Sie können sich sicher vorstellen, daß Wasseranschlussarbeiten im Winterhalbjahr schon recht schwierig sind“ (Sie meinte: „Unmöglich“) „Wir wissen ja noch nicht einmal, von welcher Hauptleitung wir Ihr Grundstück anschließen sollen“ – Immerhin wollte sie sich jetzt mit höchster Priorität um unser Anliegen kümmern. Solche Aussagen lernt man im Kurs „Vertrieb 1.0“ – ein Kurs, in dem man, wie der Name schon sagt, lernt, wie man Kunden vertreibt. In ein paar Tagen sollte ich wieder anrufen – wahrscheinlich eine Abwimmel-Methode aus dem gleichen Kurs. 

Ein paar Tage später war sie wie ausgewechselt, was meine Theorie zu den Anfragen direkt nach einem Urlaub bestätigte. Inzwischen hatte sie sogar zwei Optionen gefunden, wie das Wasser am besten zum neuen Haus geleitet werden könnte, und siehe da, es gab bereits einen Anschluss nur wenige Meter rechts vom vorgesehenen Übergabepunkt. Man müsste nur über das Grundstück meines Nachbarn einen Graben legen, und dann sollte der Anschluss schnell herstellbar sein, vielleicht sogar bis Februar, aber das wollte sie mir dann doch nicht versprechen. Am liebsten hätte ich ihr diese Option des Anschlusses schon am Telefon zugesagt, doch eine innere Stimme sagte mir, daß ich dazu vielleicht doch den Nachbarn wenigstens befragen wollte. Wohl nur eine Formalität, schließlich war er mir ja wohlgesonnen, von ihm hatte ich ja unser Grundstück abgekauft, da wird er mir doch bei so einer Lappalie jetzt nicht im Wege stehen.


Ihr merkt es bestimmt schon an der Wortwahl, natürlich wollte er keine Wasserleitung auf (oder besser: „unter“) seinem Grundstück haben. Dieses Grundstück, welches sich genau zwischen uns und seinem Wohnhaus befindet, will er irgendwann auch einmal verkaufen. Aus Gründen, die ich nicht genau verstand, irgendetwas mit Wegerecht und Wertminderung, erteilte er mir also eine Absage. Somit blieb mir nur die andere Option, doch die hatte es in sich. Bei dieser zweiten Option musste nicht nur die Dorfhauptwasserader unter der so schön asphaltierten Durchgangsstraße gefunden und angezapft werden, danach musste die Leitung genau an der Grundstücksgrenze meines mir nicht ganz so wohlgesonnenen Nachbarn entlang zu unserem Grundstück geführt werden, um dann dort an der dem Übergabepunkt genau gegenüberliegenden Seite auf das Haus zu treffen. Wir mußten also mit der Leitung nochmal eine halbe Runde ums Haus, noch blöder kann man einen Wasseranschluss fast nicht planen. Kurz mal überschlagen, die Leitung würde fast 100 Meter lang werden und das Wasser muß sich in Zukunft fast auf dem gesamten Weg eine recht starke Steigung hinaufquälen. Auf den Wasserdruck in der Dusche bin ich gespannt, wenn das Wasser überhaupt bis da hoch kommt. Aber wenigstens mindern wir den Wert des Grundstücks unseres Nachbarn nicht, man muss versuchen, in jedem Kompromiss das Positive zu sehen.

Somit stand schon mal der Verlauf der Trasse fest, verblieb nur noch die Frage des Termins. Februar war zu dem Zeitpunkt bereits sehr ambitioniert, doch zum Glück hatten die Verzögerungen bei der Finanzierungszusage hier bereits für Entspannung gesorgt. Man konnte mit der Erstellung des Anschlusses also getrost bis zum nächsten Frühling warten. Aus naheliegenden Gründen würde mein Tiefbauer gleich den Graben übernehmen, es gab eigentlich nur noch das eine Problem, daß wir irgendwie einen 3 Tage-Termin finden müssen, der noch vor der Aufstellung oder kurz dahinter liegt. Und in diesen drei Tagen sollte auch kein größerer Transportes für das Huf Haus geplant sein. Denn wenn wir die Wasserleitung bauen, dann ist die Straße dicht. Ist die Straße in ihrer kompletten Breite schon zu schmal für große Fahrzeuge, mit unserem Graben wird sie vollends zum Wanderweg. 

So einen Termin gab es allerdings nicht, also wurde die Verlegung der Leitung Ende April dann einfach erzwungen. Innerhalb von wenigen Stunden hatte mein Tiefbauer mit nur einem weiteren Mitarbeiter den gesamten Graben gezogen, die Asphaltdecke der Hauptstraße zerschnitten und ein Kopfloch rund um die Hauptwasserleitung gegraben. Daneben stand ein sorgenvoller Huf Mitarbeiter, der nicht aufhören konnte, zu betonen, daß er Montag eine große Lieferung erwartet und deshalb freien Zugang zum Grundstück bräuchte.



Alles war somit vorbereitet für das Eintreffen der Wasserwerke am nächsten Morgen, die dann nur noch einen blauen, flexiblen Plastikschlauch mit einem schnellen Schnitt an die Länge des Grabens anpassen, diesen dann an die Leitung anschließen und in den vorbereiteten Graben schmeißen mussten. Warum dafür ein Team von fünf Leuten anreisen musste, war mir nicht ganz klar, doch irgendwo muß der Preis ja herkommen, den so ein Wasseranschluss kostet. Beim gemeinsamen Blick auf die Kellerwanddurchführung durfte ich dann noch die beiden Standardsprüche hören, mit deren Kenntnis man sich für fast jede Stelle bei einem Amt qualifiziert. Diese Sprüche sind: „Das geht so nicht“ und „Das haben wir noch nie so gemacht“, sogar ein Hausmeister braucht mehr Standardsätze für seinen Job, mindestens aber den einen: „Hier können Sie nicht parken“. Hätten wir doch einen Hausmeister zur Verfügung gehabt in der Woche mit der Tiefenbohrung (für Insider).


Danach ging es auch schon wieder ans Verfüllen des Grabens, schließlich hing uns der Liefertermin vom folgenden Montag im Nacken. Für meinen Tiefbauer hieß das Wochenendarbeit, doch nur das Ergebnis zählt. Wir hatten jetzt endlich eine Wasserleitung und dazu einen schönen sandigen Seitenstreifen an unserer Straße. Dieser schöne Sandstreifen sollte doch in der Lage sein, den von den Huf Tiefladern zerfahrenen Rand-Grünstreifen zu kompensieren und damit meinem Nachbarn eines seiner Argumente gegen unsere Baumaßnahme zu nehmen.


Doch dann kam der große Regen. Ich hatte ja schon zu Beginn des Beitrags erwähnt, daß wir zwar von der Flut der letzten Tage nicht wirklich betroffen sind, aber daß der Regen die Straßen zu Bächen oder kleineren Flüssen verwandelte, das traf auch für die im Bild oben sichtbare kleine Gasse zu. An dem Sand haben wir uns jedenfalls nur wenige Tage erfreut, denn inzwischen liegt der vollständig unten vor der Garageneinfahrt meines mir wohl immer weniger wohlgesonnenen Nachbarn. Ich nehme an, daß dieser Zustand einer noch immer nicht komplett ausgeschlossenen guten Nachbarschaft wieder nicht sehr zuträglich war.

Ich hätte die Stoppuhr stellen können, denn so sicher wie das Amen in der Kirche kam bereits kurze Zeit später der Anruf von der Gemeinde. Waren wir schon wieder angezeigt worden? Ich hatte es ja kommen sehen und den Sand mittels einer eiligst geborgten Schaufel nebst Schubkarre von der Straße bereits geborgen. Doch es regnete ja immer weiter, und mit dem Wasser kam immer mehr Sand unten beim Nachbarn an. Es muß doch aufgrund des Wetters von der Gemeinde auch so etwas wie eine gewisse Gnade geben!

Und es es gab sie wirklich, denn der Anruf hatte gar nicht die Intention eines Anschisses, sondern es wurde nur höflich gefragt, wann wir mit den Baumaßnahmen fertig sind. Die Gemeinde würde gerne den Seitenstreifen mit Pflaster befestigen, damit diese dauernden Verunreinigungen bei jedem Regenguss endlich aufhören und der arme Herr Nachbar nicht bei jeder Ausfahrt den Allrad bei seinem Mercedes hinzuschalten muß. Kein Wort fiel über meinen Sand-Erdrutsch. Ein Wunder war geschehen. Sofort zog ich los, um ein Lottoticket zu kaufen. Doch damit hatte ich mein Glück dann doch wohl etwas überfordert, gewonnen haben wir natürlich nichts. Und dabei hätte ich das Geld für die fast 8.000 Euro Rechnung für den Wasseranschluss richtig gut gebrauchen können. Für das Geld hätten wir uns auf Jahre mit „Evian“ duschen können. Immerhin gelang mir der inzwischen bereits historische Schnappschuss von unserer Wasseruhr. Daß ich diesen Zählerstand nie wieder sehen werde, dafür wird das Duschvergnügen meiner Frau schon recht schnell sorgen.