Montag, 13. Februar 2012

Winter

Vor einigen Tagen erhielt ich eine interessante e-Mail meines zukuenftigen Nachbarn aus Waltersdorf. Er hatte irgendwie herausgefunden, dass wir uns fuer ein Huf Haus interessieren. Wuerde ja schon gerne wissen, wie er das gemacht hat, hat er vielleicht diesen Blog gefunden?

In dem e-Mail macht er sich ehrlich Sorgen, ob sich ein Haus wie das Huf-Haus aus Holz und mit den grossen Glasflaechen ueberhaupt fuer das raue Klima im Winter in Waltersdorf eignet. Alleine diese grossen Fenster, da braucht man doch bestimmt sein eigenes Heizkraftwerk, um es wenigstens halbwegs warmzuhalten.

Nun sind die Winter in England alles andere als rau. Wenn es hier mal schneit, geht aus Prinzip niemand zur Arbeit. Alle bleiben lieber zu Hause und bauen Schneemaenner oder machen Fotos von Ihren Haeusern. Sie wuerden es wohl auch eh nicht ins Buero schaffen, Winterreifen gibt es hier zum Beispiel gar nicht. Der optimale Winterschuh in England ist der Gummistiefel, es regnet ja auch mehr als es schneit. Sand oder Salz streuen oder den Schnee wegschaufeln kommt hier auch niemandem wirklich in den Sinn. Es schneit an maximal drei Tagen pro Jahr  und dann versinkt das Land im Chaos. Genauso als wenn es in Schottland an drei aufeinanderfolgenden Tagen Sonne geben wuerde.

Aber ich schweife ab.

Nun gebe ich zu, ich bin schon seit einigen Jahren nicht mehr im Zittauer Gebirge zu Zeiten eines echten harten Winters gewesen. Die meisten Familiengeburtstage liegen im Sommer und weil bei Schnee auch gerne mal die englischen Flughaefen schliessen, bleibe ich da lieber zuhause.
Wohl aber schaue ich mir derzeit mehrfach am Tag mein zukuenftiges Bauland mittels WebCam an.
Und oben links im Bild gibt es auch immer eine Temperaturangabe. Und ich muss meinem Nachbarn zugestehen, das sind andere Werte als hier. Seit bestimmt zwei Wochen lese ich da immer Zahlen jenseits der - 10 Grad. Einmal sogar fast -20. Brr...
Das sind ja fast kanadische Verhaeltnisse! So habe ich das nicht in Erinnerung. Wo bleibt denn das global Warming? Wetter wie am Mittelmeer wurde uns doch versprochen!


Jetzt steht die Kamera und somit auch das Thermometer oben auf dem Berg, vielleicht wird es im Tal etwas besser sein. Aber warm ist nun wirklich etwas anderes. Scheint mein Nachbar wirklich Recht zu haben, sollte man aus energetischen Gruenden vielleicht doch eher kein Holz-Fachwerkhaus mit Glaswaenden bauen?
Auf jeden Fall Danke fuer die Warnung, da habe ich also nochmal Glueck gehabt, denn noch ist es ja nicht zu spaet und wir koennen noch auf ein energetisch guenstigeres Haus ausweichen.
Schade.. hatte ich doch ein tolle Aussicht sowie Tageslicht und viel Sonne im Haus immer als so erstrebenswert empfunden.
Und waas fuer ein Haus baut man nun eigentlich in einer Gegend mit rauen Wintern? Wohl doch besser richtige konventionell mit Stein?

OK, jetzt keine voreiligen Schluesse, schnell nochmal nachdenken. Wo gibt es heutzutage noch richtige raue Winter .. vielleicht in Schweden? Der typische Baustil dort sieht ungefaehr so aus. Es lebe das Klischee.


Sibirien, da ist es auch recht kalt.



Jetzt noch schnell Kanada....


Das ist doch nicht zu fassen. In den kaeltesten Laendern der Welt scheinen die Menschen auf Stein beim Hausbau fast voellig zu verzichten? Liegt es daran, dass Stein dort teurer und schwer zu beschaffen ist?
Und Holz steht da ja in der Form von Baeumen ueberall rum, das sind Laender, in denen sind Waelder noch richtige Waelder. Sowas gibt es in England ueberhaupt nicht mehr, alles laengst im Kamin gelandet.

Aber wuerden sich die Menschen, wenn sie die Wahl haben, auch dann ein Holzhaus hinstellen, wenn man es darin im Winter ohne ausreichend Wodka nicht aushalten kann? Wohl kaum, oder?

Sind Holzhaeuser also eventuell doch fuer ein raues Winterklima geeignet?

Zum Glueck besorgen das Internet und diverse Zeitschriften die fuer eine Antwort benoetigten Daten und Fakten.

Fangen wir also mit dem Jahresenergiebedarf eines solchen Hauses an.
In der Januar 2012 Ausgabe der Zeitschrift "Der Bauherr" wurden 21 Haeuser im Artikel "Haeuser mit viel Glas" mit Fotos und technischen Daten vorgestellt. Massiv- und Fertighaeuser. Letztere allesamt mit dem Grundwerkstoff Holz entweder als Tafel-, Rahmen-, Fachwerk-, Staender- oder Blockbauweise - ein bunter Querschnitt durch die verschiedenen Bautypen also.
Diese Zeitschrift ist nicht auf Fertighaeuser spezialisiert, eine gewisse Bevorzugung der Fertighaeuser sollte hier eigentlich nicht erwartet werden. Wobei das beim Studium der technischen Daten eines Hauses auch egal sein sollte, da kann man ja hoffentlich nicht viel Marketing hineinluegen.

Und so lese ich den Artikel:


Von insgesamt 21 vorgestellten Hausern gehoeren 17 zu einer der genannten Bauarten des Typs Holz-Fertighaeuser. Nur drei Haeuser dieser Gruppe zeigen Energieverbrauchswerte ueber 50 kWh/m2a. Immerhin sieben zeigen Werte unter 45, und das sind genau die Haelfte aller Fertighaeuser, denn 3 Haushersteller geben diese Info nur auf Anfrage weiter.

Die restlichen 4 Haeuser sind dann offensichtlich Massivhaeuser, die meisten aus Porenbeton und eines aus Poroton, was auch immer das ist. Hier verschweigen zwei der vier Hausbauer den Wert des Energieverbrauchs und wollen nachgefragt werden. Haben die etwas zu verbergen?
Die anderen beiden Haeuser liegen mit 78 oder sogar 95kWh/m2a deutlich ueber den Haeusern in Holzbauweise. Es gibt es nur ein einziges Fertighaus, welches sich energetisch zwischen die beiden Massivhaeuser geschoben hat. Und das Haus steht auch noch in England. Haette ich mir auch fast denken koennen. Die muessen auch immer auffallen.


Das beste Massivhaus im Test braucht also ueber 30kWh/m2a mehr als der Durchschnitt der Holzhaeuser. Bei einem Haus mit 200m2 sind das stolze 6000kWh - und die kosten als Strom bei der Energieversorgung Sachen Ost mal so eben 1650 Euro.
Stop... bitte noch keine netten Kommentare abgeben. Ich weiss selber, dass bestimmt nicht viele mit teurem Strom heizen. Aber auch bei einer Heizung mit Gas gibt man im Massivhaus 450 Euro im Jahr mehr aus.
Da kriegt man schon Sky Movies fuer - hoffe ich.


Der absolute Spitzenreiter in diesem Test war uebrigens ein KfW Effizienzhaus 40. Das Haus verbraucht nur ein Fuenftel der Energie des besten getesteten Massivhauses. Was auf den Bildern aber auffaellt, viele grosse Fenster hat dieses Haus nicht. Auch die Bilder der Haeuser aus Schweden, Sibirien und Kanada zeigen keine besonders grosszuegigen Verglasungen.

Wo wir wieder bei den Fenstern waeren.


Denn ein echtes Huf Haus ist im Artikel leider nicht vorgekommen. Sehr wohl aber zwei andere Vertreter dieser Hausgattung. Das KD Haus mit 42kWh/m2a schneidet zum Beispiel sehr ordentlich ab, das Da-Vinci Haus liegt mit 57kWh/m2a eher im oberen Bereich. Ich weiss aber aus anderen Publikationen, dass ein Huf Haus eher auf dem KD Haus Niveau liegt. Und alle neuen Huf Haeuser sind KfW 70 Haeuser, verbrauchen also nur 70% dessen, was sie laut Gesetz duerfen. Und das hat neben der Energieersparnis auch noch andere Vorteile, man bekommt naemlich einen Teil des Kredites besonders guenstig. Vorausgesetzt, man bekommt ueberhaupt einen Kredit , aber dazu heute mal lieber keinen weiteren Kommentar.


So reiht sich das Huf Haus trotz der vielen Fenster im Mittelfeld der getesteten Haeuser ein.
Also schon Entwarnung?
Fenster haben ja durchaus energetisch ein paar wichtige Vorteile. Ohne Fenster muesste man naemlich andauernd das Licht anschalten. OK, darauf haette jetzt jeder kommen koennen, aber Tageslicht ist speziell im Winter nunmal knapp. Wenn dann schonmal die Sonne scheint, dann aber bitte herein damit. Ich war schon in einigen Haeusern, die ihre Fenster so unguenstig geplant haben, dass sie im Winter schon kurz nach zwei das Licht einschalten durften.
|Und neben dem Licht gibt es auch noch die Waerme. Man mag es aufgrund der derzeitigen Temperaturen nicht glauben, aber auch eine Wintersonne kann waermen. Wer an einem so sonnigen Wintertag wie oben im Webcam Foto schonmal am Fenster gestanden und auf den Schnee in Richtung Sonne geguckt hat, der hat bestimmt gemerkt, wie warm es hinter dem Glas werden kann. Die Sonne steht ja im Winter um einiges tiefer, knallt also die Energie voll in den Raum und nicht aufs Dach, wie im Sommer.
Diese Waerme reicht durchaus, dass die Thermostate die Heizung in diesem Raum dann auch mal abschalten.
Ist das nicht wunderbar?
Es sei denn natuerlich, man will mitten am Tag Formel 1 gucken und die Sonne blendet im Fernseher. Aber zum Glueck gibt es im Winter keine Formel 1, das haben die nun wirklich geschickt geplant! Hut ab.

Also haben wir schonmal herausgefunden, im Winter kommt bei Sonne durch die Fenster Waerme ins Haus. Dann fliegt sie in der Nacht doch bestimmt auf dem gleichen Weg wieder raus, stimmts?

Jetzt sind Fenster nicht gleich Fenster. Wer immer noch glaubt, doppelverglaste Fenster sind der letzte Stand, der hat noch kein fast 5cm dickes dreifach verglastes Fenster versucht anzuheben. Auch ich habe das noch nicht gemacht, allerdings in einem Huf Musterhaus mal ein Demo-Glas in der Hand gehalten. Das war zwar nur 30cm gross, aber ich musste beide Haende nehmen. Ich wollte das ja nicht auf die teuren Fliesen schmeissen. Aber das war schon ein Gewicht, meine Fresse..
Was erreichen solche Fenster nun waermetechnisch? Darf ich es versuchen zu beschreiben? Dieser Artikel hier ist eh schon etwas technischer geworden als meine letzten Beitraege, und da inzwischen alle, die das bisher eh nicht interessiert hat, laengst weitergeklickt haben oder eingeschlafen sind, hier fuer alle die immer noch lesen, noch eine Kennzahl.

Der U-Wert..


Vor wenigen Monaten hatte ich auch keine Ahnung, dass es so etwas ueberhaupt gibt. Wer das also noch nicht kennt, vielleicht kommt die Frage ja mal beim Jauch, also schon aus dem Grund weiterlesen.

Mit meinen eigenen Worten ganz untechnisch beschrieben: dieser U-Wert gibt an, wieviel Waerme pro Quadratmeter und Zeit durch eine Wand, ein Fenster oder ein Dach verschwindet. Hier in England hat man von dem U Wert bestimmt auch in Fachkreisen noch nie gehoert, sonst wuerden die doch keine Haeuser bauen, bei denen im Umkreis von 2m kein Schnee liegenbleibt. Immerhin, wenn ich nah genug am Haus parke, dann brauche ich morgens kaum Scheiben kratzen. Ich moechte mein Haus gerne mal mit einer Waermebildkamera sehen. Glutrot, so stelle ich mir das vor.

Aber zurueck zum U-Wert. Laut der Internetseite baumarkt.de  gelten Fenster als sehr gut, wenn sie einen U-Wert von weniger als 1,2 Watt / m2 erreichen. Darunter kann man sich ja nun nicht viel vorstellen.
Also mal kurz ne Beispielrechnung.
Ein Haus von 11 mal 8 Metern und einer Deckenhoehe von 3 Metern haette eine Wandflaeche von 114m2. Das waere also nur das Erdgeschoss, das Dachgeschoss kann ich um diese Uhrzeit und aufgrund der dabei einzubeziehenden Geometrie der Dreiecke nicht so schnell rechnen, aber das spielt auch keine Rolle, wir wollen ja nur eine beispielhafte Vergleichsrechnung machen. Wenn also die kompletten 114m2 alles Fenster waeren, dann verschwinden hier am Tag 3,2 kWh.
Klingt nicht viel, aber das macht es an jedem Tag, an dem es aussen zehn Grad kaelter ist, als innen. Und das sind es bestimmt 6 Monate im Jahr. An kaelteren Tagen sind es wohl mehr, an waermeren Tagen wohl weniger, fuer eine Berechnung in der akademischen Qualitaet wie hier reicht mir das aber vollends zu.
Und in den anderen 6 Monaten laeuft die Heizung hoffentlich eh nicht - die kann man also auch gleich weglassen.
Also verschwinden 600 kWh im Jahr einfach so durch die Fenster. Und das ganz ohne Lueften.
Im Vergleich dazu komme ich bei einer hochgedaemmten Wand auf einen Verlust von nur 100 kWh.
Bei einem Huf Haus werden die meisten Glaswaende ja im Erdgeschoss verbaut. Das Dach ist mehr oder weniger wie bei einem konventionellen Haus konstruiert. Also sagen wir mal 500 kWh jaehrlich gehen durch den erhoehten Einsatz von Glas auch mit sehr guten Fenstern verloren. Mit schlechten Fenstern geht das in die tausende. 

Denn wie bereits erwaehnt, Fenster sind nicht gleich Fenster. Und laut der Huf Baubeschreibung sind die dort verbauten 3fach Fenster mit einem U-Wert von 0,6 nicht nur sehr sondern sensationell gut.
Hier werden also Fenster eingesetzt, die einen geringeren Waermeverlust als eine 36cm dicke verputzte Ziegelwand haben. Und auch der Porenbeton, wie in den oben angesprochenen Test-Massivhaeusern verwendet, kommt mit 0,4 nicht viel besser weg. Und laesst dabei immer noch kein Licht rein.

Diese Werte habe ich alle in der Internetseite des Baumarkts gefunden. Sie lassen sich aber durch andere Quellen bestaetigen. Laut Internetportal der pro-energieberatung erreicht eine Ziegelwand erst mit einer mindestens 4cm Daemmung plus 27cm Wand einen Wert von 0,67. Und auch das ist immer noch etwas schlechter als bei den 5cm Glas von Huf. Unglaublich, oder? 

Ich koennte noch weitere Quellen und Rechenbeispiele anbringen, aber dieser Blog soll ja nicht unbedingt ein Beratungsportal fuer zukuenftige Bauherren werden. Und wer bis hier jetzt wirklich Zeile fuer Zeile gelesen hat, alle Achtung. Ich hoffe, es war nicht allzu langweilig.

Aber falls jemand eine andere Meinung zum wohl ewigen Wettkampf zwischen Massiv- und Fertighaus hat, nur her damit. Ich habe die Warnung meines Nachbarn jedenfalls durchaus ernst genommen, aber meine Entscheidung fuer oder gegen einen Haustyp beeinflusst sie eigentlich nicht. Die heutigen Werkstoffe und Bauvorschriften werden mir mit Sicherheit ein Haus ermoeglichen, das energietechnisch um einiges besser ist als alles, in dem ich bisher gewohnt habe. Mit oder ohne Fensterwaende. Massiv oder Fertighaus.

Zum Abschluss aber doch noch ein Zitat, welches ich auf der Internetseite des Holzhausherstellers Fullwood gefunden habe. Es hat mir einfach nur gefallen, damit veraergere ich hoffentlich keinen Massivhaus Fan.

„Ich habe nie verstanden, warum die Deutschen in Steinhäusern wohnen. Jetzt allerdings, wo ich weiß, über welche Mengen von Rheumabädern Deutschland verfügt, sehe ich ein, dass die Deutschen in feuchten Steinhäusern wohnen müssen. Wo sollten sie sich sonst den Rheumatismus holen, ohne den ihre Rheumabäder überflüssig wären?“ (Mark Twain)

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