Sonntag, 22. Januar 2012

Ich habe nie gesagt, dass es einfach wird.. aber gehofft, das schon

Nachdem ich in den letzten Beitraegen hoffentlich etwas von der Euphorie herueberbringen konnte, die uns bei diesem Projekt befluegelt.. so hat es auf dem bisherigen Weg doch schon die eine oder andere Schwierigkeit gegeben.. Und dabei hat es noch nicht einmal richtig angefangen.

Aber der Reihe nach...

Wenn man in Deutschland ein Haus bauen moechte, dann braucht man eigentlich nur 4 Sachen.
  • ein Stueck Land
  • eine Baufirma
  • eine gewisse Menge Geld
  • eine reelle Chance auf eine Baugenehmigung
Das Land haben wir. Eine Baufirma finden wir bestimmt noch. Geld... ja wozu gibt es denn Banken? Wenn ich eine Bank finde, die mir glaubt, dass ich huebsch artig jeden Monat meine Rate bezahle, dann sollte das auch kein Problem sein. Ich uebe schon eifrig den den Blick des gestiefelten Katers aus Shrek. Und die Zinsen sind derzeit so wunderbar niedrig. Alles rosig also.

Das Thema Baugenehmigung hatte ich komplett aus meiner Liste von Dingen, die mir Sorgen machen, herausgehalten. Warum haette sie da auch auftauchen sollen. In der Verkaeuferbeschreibung des Baulandes stand ja, dass eine Bebauung aehnlich wie in der Nachbarschaft erlaubt ist.
Also ist auf jeden Fall ein Einfamilienhaus zugelassen. Und da sich in einem Umkreis von 200m schon ein recht bunter Mix aus verschiedenen Baustilen des vergangenen Jahrhunderts befindet plus eine ganze Reihe Umgebindehaeuser, was soll dann mit so einer Baugenehmigung schon schief gehen... so dachte ich. Die Gemeinde ist bestimmt super stolz darauf, dass jemand ein schoenes modernes Haus bauen will, das sich dann in die Reihe der Sehenswuerdigkeiten des Orten aufnehmen lassen wird. Gedanklich habe ich mir schon die Beschreibung zurechtgelegt, die man den Touristen auf der Tour durch den Ort im Oldtimerbus "Charles" zu meinem Haus erzaehlen wird. Ach was fuer ein schoenes Bild baut sich da vor meinem geistigen Auge auf.

Der Weckruf aus diesem schoenen Traum kam am Tage der Vertragsunterschreibung beim Notar. Da hielt mir doch jemand so einen duennen Stapel Papier unter die Nase mit der vielsagenden Ueberschrift

"Gestaltungssatzung"

Das Papier war eine Kopie einer mit Schreibmaschine geschriebenen Verordnung aus dem Jahre 1991, hatte also gerade seinen 20ten Geburtstag hinter sich.

Was genau heisst das nun fuer unseren Fall?

In ganz kurzen Worten.... Die Gemeinde Waltersdorf ist sich sofort nach dem Freudentraumel und dem ersten Kater der Wende bewusst geworden, dass es zu DDR Zeiten einiges an Bausünden gegeben hat, die den Charakter des Ortes dauerhaft beeintraechtigt haben, und damit ist jetzt Schluss. Denn dem wird mit dieser neuen Gestaltungssatzung jetzt Einhalt geboten, ab sofort unterliegen alle Neubauten gewissen Auflagen. Mit uns ist jetzt nicht mehr zu spassen, jetzt sind wir tough.

Au Backe...

Die einleitenden Worte sind noch recht zurueckhaltend... es steht da woertlich, dass es keinesfall das Ziel sei, die Gestaltung des Dorfes auf dem derzeitigen Stand einzufrieren. Der Text im Vorwort hat dann noch weitere wohlwollende Worte zu zukuenftigen Bauvorhaben... also zum Beispiel, dass man sich auf einheimische Materialien beschraenken sollte.. damit meinen die Holz oder? --- Bingo!!
Und man ist dem Modernen aufgeschlossen wenn es eine natuerliche Weiterentwicklung altbewaehrter Bauformen ist.. was hab ich nen Glueck, dass ich eh eine moderne Version eines Fachwerkhaus im Sinn hatte... das Ding hab ich sicher, oder?

Und dann habe ich einen Fehler gemacht, der mir den Rest des Tages doch ganz schoen verdorben hat.
Ich haette nach dem Vorwort nicht weiterlesen sollen. Denn bereits ab Paragraph 1 war dann Schluss mit lustig. Ueberspitzt gesagt war ab dann eigentlich fast alles untersagt, was am Ende nicht wie ein Umgebindehaus aussieht. Es sei denn, man stellt sein neues Haus in eine Zone B. Da ist man dann etwas entspannter. Gleich mal nachgucken, wo unser Haus stehen wird.. Zone A ... Was Sonst?

Der Architekt hat sich fuer die Zone A wirklich sehr viele Gedanken gemacht. Ein paar Beispiele gefaellig?
  • Dachwinkel mindestens 45 Grad. Alles ab 40 Grad sieht schon recht steil aus, und nun sogar 45!! Die Musterhaeuser von Huf sind alle so um die 30 Grad
  • Ein Dachueberhang am Giebel maximal 30cm, an der Seite 50cm. Haeuser mit so einer Glasfassade wie zB. bei Huf haben da gerne mal 1,50m
  • Fenster muessen wie stehende Rechtecke aussehen, bei dem Huf-Haus Bautyp sind das ja keine echten Fenster sondern sogar Fensterwaende
  • Daecher sind rot oder mit Naturschiefer zu decken.
  • Oder, ganz witzig, erlaubt sind im Winterhalbjahr Vorhaeuschen aus Holz, die bis spaetestens am 31.Maerz entfernt werden muessen. Wo nur hin damit im Sommer?
Und so geht das weiter und weiter. Seite fuer Seite verschlechterte sich meine Stimmung

Hier noch einmal zur Erinnerung unser Traumhaus   



Im Vergleich dazu, so sieht ein typisches Umgebindehaus aus. Und genau das wird in der Gestaltungssatzung beschrieben.Schon interessant, dass beide Haeuser eigentlich dem gleichen Grundtyp Fachwerkhaus angehoeren.

Also lieber Bauherr, bauen Sie ein Umgebindehaus und alles geht in Ordnung. Kann das wirklich wahr sein?




Der Tag war jedenfalls restlos verdorben. Nimmt man die Satzung Wort fuer Wort, dann kann ich mir so einen Huf Haus Baustil wohl aus dem Kopf schlagen. Darauf trinken wir einen, haben wir dann auch gemacht.

Es wird fuer uns mit Sicherheit sehr schwer, wenn nicht gar ausgeschlossen, sich mit einem anderen Bautyp anzufreunden. Vielleicht ist diese Situation vergleichbar mit der, wenn man sich auf sein neues Auto freut und gedanklich schon darin sitzen sieht, es dann aber nicht kaufen darf, weil es auf dem Parkplatz zu sehr auffallen wuerde.
Ich denke, Ihr koennt meine Frustration verstehen? Und das beste ist, ich stimme der Grundidee einer Gestaltungssatzung ja durchaus zu. Keiner laesst sich gerne sein schoenes zum grossen Teil denkmalgeschuetztes Dorf durch irgendeinen Schnoesel aus England mit einem unpassenden Haus verschandeln. Aber wird denn so ein Huf Haus Baustil den Ort wirklich verschandeln oder nicht eher sogar bereichern? Hey, fuer dieses Design gab es sogar ne ganze Reihe Auszeichnungen, das muss doch was heissen?

Der einzige Lichtblick des Tages war dann aber der Hinweis, sich mal ein paar der in Waltersdorf nach Inkrafttreten der Gestaltungssatzung gebauten Haeuser anzusehen. Und siehe da, steht da nicht genau um die Ecke ein recht neu aussehendes Haus, das gegen einige dieser Regeln gehoerig verstossen hat. Unter anderem bei der Dachfarbe und auch beim Dachueberhang. Gleiches Recht fuer Alle!!! Wir sind das Volk.

Seit diesem denkwuerdigen Tag sind nun schon einige Monate vergangen. Um es vorwegzunehmen, wir haben auch heute noch keine formelle Baugenehmigung. Haben die aber auch noch gar nicht beantragt. So schnell geht das sogar bei einem Fertighaus nicht. (jetzt habe ich das Wort schon wieder verwendet)

Die ersten Zeichnungen, die wir in der Zwischenzeit von verschiedenen Architekten erhalten haben, richten  sich durchaus nach einigen dieser Satzungsregeln, verstossen aber gegen andere. Genauso wie das Nachbarhaus eigentlich.
Denn neben dem Wort Gestaltungssatzung gibt es noch ein weiteres, welches fuer mich vor dem Tag im Oktober noch kein Begriff war. Und das heisst.. Satzungsbefreiung. Wer nicht fragt, der kriegt nichts.


Also haben wir erstmal gefragt. Und mein persoenlicher Eindruck aus den Telefonaten und einem persoenlichen Gespraech im Gemeindeamt Grosschoenau war, mit den Leuten da kann man richtig gut reden. Die wollen das Vorhaben nicht verhindern, nur ihr Recht durchsetzen, den Charakter des Ortes zu wahren. Vielleicht haette ich doch mehr Vertrauen in das wohlwollenden Vorwort der Satzung haben sollen.

Der Eindruck bestaetigte sich nach ein paar Tagen, als kurz nach Weihnachten ein verspaetetes Weihnachtsgeschenk in Form einer Nachricht kam. Der Ortschaftsrat von Waltersdorf hatte sich schon positiv zu meinem Vorhaben geaeussert. 
Grosses Aufatmen... heisst das doch, dass sich die zukuenftigen direkten Nachbarn durchaus so ein Haus an dieser Stelle vorstellen koennen. Und die muessen spaeter diesen Anblick ja auch jeden Tag ertragen.
Es scheint also keine generellen Bedenken zu geben, dass aufgrund meines Hauses auf einmal alle Touristen ausbleiben. Na, wenn das nichts bedeutet?
Da Waltersdorf seit 2003 zu Grosschoenau gehoert, wird aber erst da das letzte Wort der Gemeinde gesprochen, aber helfen wird diese positive Einstellung der Waltersdorfer bestimmt.
Und falls die Gemeinde keine Einwaende erheben sollte, dann machen wir Naegel mit Koepfen und reichen einen richtigen echten Bauantrag im Landkreis ein. Und dann geht die deutsche Genehmigungsmaschinerie erst richtig los.
Aber dann schonmal mit dem guten Gewissen, dass wir wenigstens die Gemeinde nicht gegen uns haben. Und von dort kam diese Gestaltungssatzung ja schliesslich auch einmal.

Am 17.Januar war diese Gemeindesitzung, bitte drueckt die Daumen. Bis jetzt haben wir leider noch nichts von einem Ergebnis gehoert.






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