Mittwoch, 24. April 2013

Aufstellen - Die "Wir geben nochmal Gas" Phase

Der wohl aufregendste Tag bisher in der Bauphase war mit Sicherheit der Montag. Zuzusehen, wie hier innerhalb eines Tages ein komplettes Erdgeschoß hingestellt wurde (zugegeben, noch ohne Innenwände) - das war schon beeindruckend. Der Dienstag und der Mittwoch hatte zwar seine Highlights, so zum Beispiel der Carport oder die Treppe, aber auch wenn am Mittwoch Abend schon die ersten Obergeschoß - Giebelwände standen, so sah das Ganze bei weitem noch nicht nach dem Haus aus, wie wir es von unseren 3D Zeichnungen kannten.

Ein richtiger Fortschritt wurde uns wieder für den Donnerstag versprochen. Das Haus wird langsam seine Form annehmen, nix mehr "Palast der Republik". Man wird nach diesem Tag ohne Zweifel erkennen können, daß es sich hier um ein Einfamilien-Wohnhaus handelt, und nicht um ein Bürogebäude, wie von Nachbarn auch schon vermutet. Wir waren sehr gespannt.

Allerdings war eines der ersten Bilder, welches wir auf der Baustelle sehen konnten, das eines schmerzverzerrten Gesichtes. Das Gesicht gehörte zu einem der Huf Haus Youngster und war mit einem beunruhigendem Griff an die Schulter verbunden. Irgendetwas war wohl passiert. Auf meine Frage, ob alles in Ordnung sei, gab es zwar die männermäßig akzeptierte Antwort, es wäre alles in Ordnung, doch nach nur wenigen Minuten wurde mein dann doch Angebot angenommen und wir befanden uns auf dem Weg in die Notfallannahme im Zittauer Krankenhaus.

Die englische Variante dieser Abteilung wird "Accidents & Emergencies" genannt, und diesen Bereich der englischen Krankenhäuser kannte ich schon zur Genüge. Meistens warten dort Patienten mit dem Kopf unterm Arm artig in einer Reihe, und wer nicht gerade in Ohnmacht fällt oder zu verbluten droht, hat auch keine Chance, die Warteschlange zu überspringen. Was für eine andere Welt ist doch dagegen ein deutsches Krankenhaus. Ich habe mich nun leider schon zu lange vom deutschen Gesundheitssystem entfremdet, weiß gar nicht mehr, was es hierzulande für einen Ruf geniest. In den Zeitungen liest man ja so einiges Negatives, aber dazu kann ich nur sagen... hier wird echt auf einem hohem Niveau gejammert. In einem Buch mit unnützem Wissen habe ich einmal gelesen, daß in England die Pizza schneller ins Haus kommt als der Notarzt, probiert habe ich das nie, aber glauben kann ich das durchaus. Die Notfallaufnahme in Zittau war jedenfalls komplett leer. Nicht, weil es etwa keine Notfälle gäbe, es muß wohl wirklich an den relativ kurzen Wartezeiten liegen. Vielleicht hatten wir ja nur einen guten Tag erwischt, die Wartezeit reichte jedenfalls gerade aus, um den bei Betriebsunfällen obligatorischen Fragebogen auszufüllen.

Wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gab bei dieser Krankenhauserfahrung, dann wäre das der Umstand, daß sich im Wartezimmer nur bereits recht zerlesene Exemplare von irgendwelchen Frauenmagazinen befanden. Ich sollte mich ja eigentlich auch für die eine oder andere Diät interessieren, aber trotzdem habe ich bisher noch keinen rechten Zugang zu dieser Art Presse gefunden. Die einzige Alternative war nur die "Apothekenrundschau", es blieb mir also nichts weiter übrig, als sich den halbwegs lesbaren Kurzroman reinzuziehen.

Zum Glück dauerte die Behandlung des armen Huf Haus Kollegen nur etwas über eine Stunde, und dann ging es auch endlich wieder in Richtung Baustelle, auf der sich inzwischen mit Sicherheit gewaltige Dinge getan hatten, Dinge, von denen man nichts in irgendwelchen Frauenzeitschriften lesen würde. Und wow, was für ein Fortschritt. Fast alle Innenwände des Obergeschosses standen bereits, ich konnte gerade noch das Einsetzen der letzten Wand beobachten. Alle Achtung.



Weiterhin ist das Haus inzwischen auch zu einem Gerüst gekommen, wohl ein Vorzeichen auf das baldige Eintreffen des Daches. Noch nicht das Dach, aber immerhin schon der zu erwartende Dachwinkel, nahm dann auch so langsam seine Form an. Denn mit dem letzten Teil des Glasgiebels gab es schon einmal einen guten Eindruck, wie hoch das Ganze am Ende werden würde. Beeindruckend, soviel kann ich nur sagen.



Leider war es mir auch am Nachmittag nicht vergönnt, die ganze Zeit auf der Baustelle verbleiben zu können. Ein weiterer Arzttermin (diesmal geplant) stand an.Und wieder gingen ein paar Stunden ins Land, in denen das Haus gewaltige Fortschritte machte. Sogar ein Ersatz für unseren krankgeschriebenen Kollegen war zwischenzeitlich eingetroffen. Mal so eben aus dem 600km entfernten Hartenfels herbeigeordert.

Einige der Innenwände waren inzwischen in die Höhe geschossen und zusätzlich waren die beiden Giebel bereits mit den Balken verbunden, die allesamt Pfette genannt werden können, ohne dabei gleich beleidigt zu sein. Der große Moment war nur noch Minuten entfernt, bald würde das erste Dachelement auf dem Haus landen. Und so war es dann auch. Langsam senkte sich das schwere Teil auf das Dachgebälk, um kurze Zeit später wieder in die Höhe gezogen und neben dem Haus abgelegt zu werden.






Das 45° Dach verweigerte einfach die neue Bedeckung. Ich glaubte sogar, hier ein kurzes Fluchen aus dem Mund des Herrn Vorarbeiter zu hören, das ging aber schnell im Kreischen der Kettensäge unter. Was nicht passt wird passend gemacht, ein Grundsatz, der auch für Huf Häuser wohl manchmal gelten muß. Zum Glück ist Holz ja geduldig und nach einer Weile gab sich das Dachelement dann doch geschlagen und ließ sich auf die Zwangsehe mit dem Rest des Hauses ein.

Mittlerweile war es dann aber schon wieder recht spät geworden, die restlichen Dachelemente mußten auf den nächsten Tag warten. Vom Freitag wurde dann auch wirklich noch die komplette erste Tageshälfte gebraucht, bis endlich das Dach geschlossen war. Auch wenn ich nicht weiß warum, aber so war das doch irgendwie ein feierlicher Moment und um ein Haar hätte ich mich zu einem Applaus hinreißen lassen. Das konnte ich mir aber im letzten Moment dann doch noch verkneifen, zu sehr erinnerte mich das an die Klatscher in den hinteren Reihen der Ferienflieger, die dem Piloten zujubeln, weil er wieder mal seinen Job richtig gemacht hat. Ich habe es also beim fotografieren belassen. Die sehen fast wie ein Kurzfilm aus.






Und damit war das geplante Ziel für die Woche dann doch erreicht. Die Huf Haus Arbeiter packten zusammen, die Baustelle wurde aufgeräumt und ja, es stimmt wirklich, auch der Mannschaftsbus wurde von gefegt. Das war damals also keine Show für das englische Fernsehen, sondern dieses Ritual findet wirklich statt. Wer fährt auch schon gerne mit einem dreckigen Auto nach Hause?

So hätte es jetzt eigentlich auf die Autobahn gehen können, der Motor lief schon fast, da gab es dann doch noch unerwarteten Besuch. Auf einmal standen vier grüne Männchen auf der Baustelle und hielten uns sehr bedeutende und hochoffiziell aussehende Ausweise unter die Nase. Die lieben Kollegen vom Zoll hatten nach nur 5 Tagen unsere Baustelle endlich gefunden und begaben sich jetzt hier auf die Jagd nach Schwarzarbeitern. Nichts, was man lieber hätte, so kurz vor dem verdienten Wochenende. Geduldig mussten viele Fragen beantwortet werden - unter anderem nach dem Bruttogehalt, und dabei dachte ich immer, in Deutschland redet man über so etwas nicht. Nach nur 30 Minuten war der Spuk dann aber vorbei, es klickten ein paar Handschellen (natürlich nicht, aber so hört sich das dramatischer an). Bei der Abfahrt der grünen Männchen wurden diese nochmal kurz von unserem lieben Nachbarn angehalten, ich konnte die Konversation aufgrund der Entfernung leider nicht mithören, aber die Körpersprache sagte schon genug. Wir hatten alle so eine Ahnung, wem wir diesen Besuch zu verdanken haben. Es wird hoffentlich der letzte Streich dieser Person gewesen sein, mit welchen Mitteln will er denn jetzt noch versuchen, diese Baustelle zu stoppen?

Die nächste Woche sollte um einiges ruhiger werden. Es wird keine großen LKW's mehr in der engen Auffahrt geben (insgesamt 9 LKW Ladungen mußten durch diese hohle Gasse). Auch der Kran wird Anfang der Woche schon verschwinden. Lassen wir dem Nachbarn und vor allem den fleißigen Huf Haus Bienchen also erstmal ein geruhsames Wochenende.

Dem Haus stand die erste Bestandsprüfung im Erholungsort Waltersdorf bevor. Am Wochenende verdreifacht sich die Anzahl der Menschen im Ort schlagartig, bin ja mal gespannt, ob ich mich unters Volk mischen und ein paar Originalkommentare aufschnappen kann.




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